17.12.1914: Helden

„Am Abend des 17. Dezember [1914], als ich Aufgaben machen wollte, war mein Vater am Telefon. Als er fertig war, zeigte er dem Herrn Sch… das neue Telegramm. Dieser schrieb es gleich ab. Hierauf schickte mich mein Vater mit demselben zum Herrn Rektor. Ich sollte es ihm zeigen und fragen, ob nicht geläutet werden sollte. Dieser schickte mich zum Herrn Bürgermeister, um zu fragen, ob er nicht läuten lassen wolle. Er war aber nach Cassel. Da hat es seine Tochter abgeschrieben und sagte: „Wenn er um 6 Uhr nach Hause kommt, will ich ihm den Zettel geben.“ Danach ging ich wieder nach Hause und strickte. Da fingen auf einmal die Kirchenglocken an zu läuten. Ich lief vor großer Freude auf die Straße um die Siegesnachricht meinen Freundinnen mitzuteilen. Da sah ich bei der Apotheke viele Kinder. Ich lief auch hin. Hier wurde Rot- und Grünfeuer angezündet. Dann forderte uns Frau Apotheker L… auf zu singen: „Deutschland, Deutschland über alles“. Daraufhin verteilte der Herr […?] Zuckersteine. Dann versammelten wir Kinder uns zu einem Zug und marschierten durch alle Straßen des Dorfes. Dabei sangen wir schöne Vaterlandslieder. Als wir bei die Gastwirtschaft der Witwe W… kamen, brachte der Landwirt Wilhelm B… ein Hoch auf unseren Kaiser aus. Dann löste sich der Zug auf. Als wir am anderen Morgen in die Schule gingen, sahen wir schon von Ferne die Fahnen im Winde flattern. Als wir um 10 Uhr nach der Pause das Klassenzimmer betraten, las uns der Herr Rektor die Kriegsnachricht vor. Unsere Freude erreichte aber erst den Höhepunkt, als der Herr Rektor sagte, wir hätten von jetzt ab frei. Da beschlossen meine Schulkameradinnen, noch einmal in einem Zug durch das Dorf zu machen.“ Elisabeth B., geb. 1901, Aufsatzthema „Wie der Sieg in Polen von uns gefeiert wurde“, Oberkaufunger Schule, 13.1.1915