1989: Übernachtungsplätze für Ostdeutsche
Erstmals war am 11./12. November 1989 die DDR-Grenze geöffnet worden. Weil Kassel schnell überfüllt war, leitete die Polizei viele Autos auf der B 7 nach Kaufungen zurück. 2000 Besucherinnen und Besucher wurden an diesem Wochenende hier gezählt.
„Für jeden Bewohner der DDR gab es die Möglichkeit, entweder auf der Gemeindeverwaltung oder auf der Post (auch Sonntagvormittag) 100 DM Begrüßungsgeld zu erhalten.“ Friedhelm M., ehemaliger Postbeamter
„Die Verwaltungsmitarbeiter sind in die Lebensmittelläden und Bäckereien gegangen, um sich weitere Geldscheine für die Auszahlungen zu holen. Die Feuerwehr hat… am Bürgerhaus auch Trabbis repariert.“ Rudi V., ehemaliger Brandmeister
„Alle Vereinsvorsitzenden wurden angerufen: ‚Wir brauchen dringend Übernachtungsplätze! Ruft Eure Leute an, sie sollen ans Bürgerhaus kommen und Leute abholen – in Kassel sind ganz viele Ostdeutsche, die kommen heute Nacht nicht mehr zurück.‘ Es haben ganz viele Leute in Kaufungen übernachtet… Sie haben dann die letzten Leute den Kegelbrüdern aus dem Bürgerhaus mit heimgegeben.“ Almut W., geb. 1949
Im folgenden Jahr boten hiesige Familien immer wieder ihnen unbekannten Ostdeutschen Schlafplätze. Die Kaufungerinnen und Kaufunger waren ebenso neugierig wie ihre Gäste: Sie wollten „Alles wissen“ von den nun nahegerückten Nachbarn. Es gab zahlreiche überraschende Besuche und Begegnungen – bis die Reisefreiheit selbstverständlich wurde.