In der Nachbarschaft: Am Berliner Platz

Erinnerungsmale des Kalten Krieges

Anfang September 1961, vier Wochen nach dem Bau der Berliner Mauer, weihte der hessische Ministerpräsident Dr. Georg August Zinn im Rahmen der ersten Oberkaufunger „Heimat- und Kulturwoche“ den Berliner Platz hinter dem Neubau des Bürgerhauses ein:
Der Ministerpräsident nannte den Gedenkstein ein Mahnmal, das ständig an die ‚Insel der Freiheit‘ im ‚Meer der Unfreiheit‘ der Sowjetzone erinnere… Die Menschen erfülle die bange Sorge, ob es wieder zu einer Katastrophe kommen könne… Deutschland werde allerdings die Rechnung für die Politik Hitlers und den verlorenen Krieg präsentiert bekommen…“ berichten die Hessischen Nachrichten, 5.9.1961. „Der gärtnerisch sehr geschmackvoll gestaltete ‚Berliner Platz‘ mit einer Blumenrabatte und dem Gedenkstein in der Mitte, gewinnt noch durch vier modern gehaltene Hinweisschilder zu den mitteldeutschen Städten Halle, Leipzig, Magdeburg und nach Berlin, auf denen neben dem Stadtwappen auch die Kilometer-Entfernung angegeben ist.“

Zwei Tage zuvor war im Neubauviertel die „Enthüllung eines Symbols der ostdeutschen Heimat“ auf dem neuen Breslauer Platz (Freiherr vom Stein-Straße/Ernst Abbe-Straße) durch den Landrat erfolgt, mit Hinweisschildern zu den Städten Breslau, Karlsbad, Königsberg und Stettin: „Wenn man von der Heimat spricht, so gehen unsere Gedanken zurück an unsere ostdeutsche Heimat, die viele tausend Deutsche verloren haben. Und wenn man heute von Frieden spricht, so solle man in erster Linie dafür sorgen, daß niemand mehr aus seiner Heimat vertrieben wird, erst dann wird der Friede sicher sein… Man kann von uns niemals verlangen, daß wir auf die Städte und Länder verzichten, die schon immer deutsch waren.“ Festansprache des Landrats Josef Köcher, Hessische Nachrichten, 5.9.1961

„Die Namensgebung von ost- und mitteldeutschen Städten für Straßen und Plätze in der Gemeinde Oberkaufungen ist das Ergebnis einer gemeinsamen Besprechung zwischen Landrat…, Bürgermeister… und einem Gremium von Frauen und Männern des öffentlichen Lebens, die aus Ost- und Mitteldeutschland stammen“, hatte die Zeitung bereits am 25.8.1961 gemeldet.
Die Teilung Deutschlands, der Bau der Mauer und die Isolation von Berlin gingen den Kaufungerinnen und Kaufungern nahe. Gerade in den Neubauvierteln lebten Menschen, die von ihren Familien und Nachbarn getrennt worden waren, die ihre Heimatorte nicht mehr besuchen konnten.
Wann die beiden „Richtungsweiser“ mit der Aufschrift „In Verbundenheit mit unserer ostdeutschen Heimat“ abgebaut wurden, ließ sich (noch) nicht herausfinden. Vielleicht geschah dies um 1970, als die „neue Ostpolitik“ der Bundesregierung an friedlichen Beziehungen, einer Annäherung zur DDR und zu den östlichen Nachbarstaaten arbeitete.
Straßennamen wie Pommern-, Sudeten-, Thüringer-, Lausitzer-Straße etc. und der Gedenkstein mit dem eingeschnittenen Berliner Bären bleiben als historische Dokumente des Ost-West-Konfliktes erhalten.