1933: Wegen Arbeitslosigkeit ausgewiesen?
„Verhaftet wurden wir aber wohl deswegen, weil wir Ausländer waren und keine Arbeit hatten.“ Der Nordhesse Franz S. geriet im Frühjahr 1933 in die Gewalt der NS-Justiz. Er und sein Bruder Hans wurden wegen einer Prügelei angezeigt, inhaftiert, verurteilt, schikaniert und – wie die gesamte Familie – gezwungen, Deutschland zu verlassen.
Vor dem Ersten Weltkrieg war Vater Josef S. als Fachkraft aus dem Appenzell nach Nordhessen gekommen: Schweizer Melker hatten einen so guten Ruf, dass „Schweizer“ zur Berufsbezeichnung wurde. Er heiratete eine Waldauerin, ihre Kinder wurden hier geboren. Seit den 1920er Jahren arbeitete Josef S. auf Gut Althans als Obermelker. Die Familie war in Niederkaufungen integriert, Franz etwa spielte in der ersten Fußballmannschaft des örtlichen Turnvereins. Sie waren politisch engagiert und als Nazigegner bekannt.
Sofort nach der Machtübernahme zwang der NS-Staat Bürger und Bürgerinnen ohne deutsche Staatsangehörigkeit das Land zu verlassen.
Josef S. wurde am 23. Februar 1933 in das Konzentrationslager Breitenau gebracht. Zwei seiner Söhne wurden 14 Tage später verhaftet. Das Niederkaufunger Bürgermeisteramt schob die siebenköpfige Familie wenig später ab.
Josef S. unterstützte aus dem Appenzell die befreundeten nordhessischen Nazigegner so gut er konnte.