Behelfsheim
„Es kann niemand entscheiden, wo er sich nach der Ausweisung niederlassen will.“ Almut Weingart, Interviews mit Kaufunger Heimatvertriebenen, 2000
Flüchtlinge und Vertriebene aus Polen, aus Ungarn, aus der Tschechei kamen nach Ende des Zweiten Weltkriegs meist in Viehwaggons in die Westzonen und wurden auf die einzelnen Landkreise verteilt.
In Ihringshausen „haben wir ein halbes Jahr mit fünf Personen in einem Zimmer gewohnt. Danach bekamen wir zwei Zimmer mit Küche in einer der Baracken in Niederkaufungen. Nur etwas Wäsche konnten wir retten. Aber bereits nach einer Woche hatten wir Arbeit und konnten das Nötigste nach und nach anschaffen. 1951 sind wir in unser Siedlungshaus gezogen.“ Ehepaar T. aus dem Sudetenland
„Bei uns wohnte eine Flüchtlingsfamilie, drei Personen in einem Zimmer. Sie hatten Heimweh und sangen nachts Riesengebirgslieder. Nebenan in unserem Schlafzimmer haben wir fast mitgeheult.“ Irene B. (Oberkaufungen), geb. 1939
„Im November [1945] hieß es, die Amerikaner hätten einen Transport zusammengestellt, mit dem sind wir direkt bis nach Kaufungen gefahren. Der nächste Gasthaussaal, in dem wir untergebracht waren, gehörte zur Gaststätte Allmeroth in Niederkaufungen. Frau Allmeroth kochte für uns alle. Im Dezember konnten wir eine kleine Wohnung im Behelfsheim [Baracken] beziehen. Sie bestand aus einer Küche mit zwei Kammern. Wir versuchten, es uns so gemütlich wie möglich zu machen… Aber es waren traurige Weihnachten, es gab keinen Zucker, dass man etwas hätte backen können, keine Kerze, keine Streichhölzer – nichts. Meine Schwester fertigte aus einem schwarzen Strumpf eine kleine Puppe für meine Tochter, damit wenigstens ein bisschen Weihnachten war. Wir wohnten dort bis Dezember 1950, dann bezogen wir eine kleine Dachwohnung in der Querstraße 2, einem der ersten Mehrfamilienhäuser in Niederkaufungen.“ Frau S. aus Ostpreußen kam nach langer Flucht mit ihren Kindern über Österreich hierher.