Hintergrund
Die Angehörigen
„Als ich ihn am anderen Tage im Polizeipräsidium sprechen wollte, wurde mir das verweigert… Nur ein paar Sachen wie Rasierseife usw. haben sie mir abgenommen. Am anderen Tage bin ich wieder hin… Auf dem Flur traf ich einen Polizeibeamten, dem ich wohl leid tat. Er flüsterte mir zu, daß er meinen Mann noch in der Nacht gesehen hätte, als sie ihn wieder zur Vernehmung holten. Ich wollte wissen, wie er ausgesehen hätte, ob sie ihn geschlagen hätten. Der Polizist hob die Schultern und guckte mich so an, daß ich auch ohne Worte Bescheid wußte.
Am 11. haben sie mir gesagt, daß mein Mann gestorben wäre – an einem Herzschlag…
Ich wollte meinen Mann sehen, aber sie zeigten ihn mir nicht. Ich sollte zum Rathaus gehen und die Freigabe beantragen. Im Rathaus sagten sie mir: Liebe Frau, es ist doch besser, wenn sie ihn so in Erinnerung behalten, wie er von ihnen gegangen ist… Meinen Mann hatten sie ins Krankenhaus geschafft, in die Leichenhalle…
Der Arzt im Krankenhaus sagte mir,… ich könnte meinen Mann nicht sehen…
Am anderen Tag war ich wieder im Krankenhaus… Der Totenschein war gefälscht. Als Todesursache stand erst etwas anderes da; es war durchgestrichen und da stand etwas, was ich nicht verstanden habe, irgendetwas mit dem Herzen.“
Der Familie gelang es, den ins Rote Kreuz-Krankenhaus Transportierten vor der Verbrennung heimlich zu sehen:
„Dann endlich stand ich in der Leichenhalle vor der Bahre meines Mannes. Er hatte eine große Schmarre quer über dem Kopf und am Kinn ein Loch. Sie mußten ihm wohl den Schädel zertrümmert haben.
Als ich wie von Sinnen in Oberkaufungen ankam, fragte mich der Gendarm auf der Straße, was mit meinem Manne geworden sei. Ich sagte ihm: ‚Sie haben ihn wie einen Hund totgeschlagen‘. Der Gendarm erwiderte darauf: ‚Um Gotteswillen, Frau T., sagen Sie das ja nicht weiter, sonst werden Sie auch noch weggeholt.‘ Mir war alles egal und ich habe allen erzählt, was vorgefallen war.“ Bericht der Witwe von Heinrich T., aus: Willi Belz: Die Standhaften. Über den Widerstand in Kassel und Hessen-Waldeck 1933-1945, Kassel 1978