Hintergrund
Andere Länder – andere Sitten
„Auch viele Damen genossen den Geschmack des Gerstensaftes … Man merkte den jungen Frauen nicht an, dass sie zehn bis zwölf Stunden in der Fabrik oder auf dem Feld arbeiten mussten. Im Gasthaus schenkten Herr Werner mit einem Helfer und zwei Frauen Bier aus. Was würden unsere amerikanischen Damen sagen, wenn Frauen auf einem Picknick Bier ausschenkten?“, wunderte sich August B. aus Belleville/Illinois 1912. Augusts Eltern waren mit dem Dreijährigen und dessen Geschwistern 1854 aus Niederkaufungen ausgewandert. Seine Frau Anna Christina war von hier: Sie hatten sich auf B.s erster Reise ins Lossetal ineinander verliebt.
Die Notizen vom Besuch des Ehepaares in Niederkaufungen sollten Kindern und Enkeln in den USA Einblick in die Kultur ihrer Vorfahren geben: „Ein kleines Glas Bier kostet 10 Pfennig, ein großes 15 Pfennig, ein Schnaps 20 Pfennig. Mittagessen wird nicht serviert, aber man kann ein belegtes Brot für 10 Pfennig kaufen.“
In den deutschen Kleinstaaten galt Bier über Jahrhunderte als alltäglicher Durstlöscher, bevor mit der Entdeckung der Pasteurisierung auch andere Getränke haltbar gemacht werden konnten. Reihum war von der Dorfgemeinschaft gebraut worden. Man hatte sogar Kleinkinder mit biergetränkten Schwämmchen ruhiggestellt, wenn Mütter sie zur Arbeit auf den Acker mitnehmen mussten.
In den USA war um 1900 die Anti-Alkohol-Bewegung gerade in der evangelischen Bevölkerung stark; ‚ehrbare Frauen‘ hielten sich in der Öffentlichkeit von Alkohol fern.