Zur Sonderausstellung „Dorfleben im Krieg – Krieg im Dorfleben“
Erfahrungen der Kriegsgeneration werden öffentlich
Zur aktuellen Sonderausstellung des Regionalmuseums
Ein hölzernes Maschinengewehr hinter Kinderstühlchen und Fußbank zieht die Blicke der Hereinkommenden an. Beim Nähertreten passiert man Kriegertafeln (1814, 1870, 1945), die ehemals in den Kaufunger Dorfkirchen hingen: Das Kriegsthema ist in der Gesellschaft immer präsent, auch in Friedenszeiten, ob in Erinnerungen der Veteranen, in öffentlicher Gedenkpolitik oder im Kinderspiel.
Den Zusammenhang von Militarismus und Kriegserfahrungen aufzuzeigen, war das Anliegen der Kaufunger Sonderausstellung „Krieg im Dorfleben – Dorfleben im Krieg“.
Kriegskinder engagierten sich für die Ausstellung
Das Regionalmuseum hatte in einem Presseaufruf um Materialien und Informationen zum Kaufunger Alltag in der Kriegszeit gebeten. Damit sollten dem auf Dokumenten des Gemeindearchivs fußenden Dauerausstellungsraum zum Nationalsozialismus die subjektiven Erfahrungen der letzten Zeitzeugen zugesellt werden. Kinder der Jahrgänge 1930 bis 1940 berichteten von Hitlerjugend und Arbeitsverpflichtung, vom Bunkeralltag und von Begegnungen mit dem Tod. Private Dokumente der Väter, Brüder, Mütter wurden mitgebracht (Arbeitsbücher, Feldpostbriefe, Orden…), auch ein Schachspiel aus der Kriegsgefangenschaft nach dem Ersten Weltkrieg. Die Zeitzeuginnen und Zeitzeugen verstanden ihre Mitarbeit ausdrücklich als Engagement für den Frieden.
Zeugnisse der Entrechtung und Entmenschlichung
Zwei Jahre wurde gesammelt; mannigfache Einblicke und an die hundert Ausstellungsstücke sind zusammengekommen. Souvenirs aus der Militärzeit, Wandschmuck oder Schulbuchtexte zeugen nun von den militarisierten Gesellschaften des Kaiserreichs wie auch der 1930er Jahre, die sogenannte „Volksfeinde“ bereits in Friedenszeiten verfolgten und ihre autoritätsgläubigen Bürger zur „Verteidigung“ von „Ehre“ und „Vaterland“ erzogen. Auch hier im Ort wurde exerziert und der Heldentod besungen, wurden Luftschutzübungen zur Bürgerpflicht. Auch hier wurden Nachbarn schikaniert, entwürdigt und ermordet. Im Gottesdienst wurden dann die Soldaten in den Fronteinsatz verabschiedet. Der Krieg veränderte das Leben im Dorf. Frauen, Alte und Kinder mussten die Arbeit der Abwesenden mit übernehmen, Hunderte von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen wurden zugewiesen. Auch Militärs, Verwundete und Flüchtlinge kamen ins Dorf.
Einblicke in den Kriegsalltag ‚daheim‘
Das Kinderleben war von Kriegsproduktion und Mangelwirtschaft geprägt. „Im Interesse unserer Bekleidungslage (Schuhe und Strümpfe) verbiete ich bis auf weiteres das Fußballspiel auf dem Schulhof,“ verfügte der Schulrektor bereits Ende 1939 und forderte fortan Monat für Monat zum Sammeln von Wertstoffen auf. „Wir waren die reinsten Lumpensammler“, berichtet eine damals Zehnjährige. Schulunterricht fand kaum noch statt, lange bevor der Luftkrieg die Kaufunger Dörfer erreichte.
Momente der Menschlichkeit und Unterstützung ebenso wie Hartherzigkeit und Denunziation oder Todesangst und Verzweiflung gehören zu den in der Ausstellung weitergegebenen Erfahrungen.
Das Thema zieht besonders viele Senioren in die ‚Alte Schule‘. Weitere bewegende Geschichten kommen dabei ans Licht. Wo möglich, werden sie notiert – vielleicht für eine spätere Publikation.