Mahnwache – auch an Karfreitag
Auch am Karfreitag haben sich wieder etliche Kaufunger Bürger*innen versammelt, um den Opfern des Ukraine Krieges zu gedenken. Um 19 Uhr begann Pfarrer Johannes Barth vor dem Rathaus die Mahnwache mit einem Gebet – wegen des Feiertags ohne Glockengeläut. Karfreitag bedeute für die Christenheit: Gott steht auf der Seite der Leidenden, dies zeige die Bibel mit der Lebens- und Leidensgeschichte Jesu.
Nach einer Zeit der Stille und einem Gebet las Pfarrer Barth folgenden Text vor: „Im eingeschlossenen Leningrad geht im Januar 1942 das Leiden der hungernden, gegenüber ständigem Artilleriebeschuss abgestumpften Bevölkerung weiter. Elena Skrjabin schreibt in ihr Tagebuch am 24. Januar: Wir werden regelmäßig von deutschen Fernkampfbatterien beschossen. Die Geschosse zerstören Häuser und ganze Wohnviertel. Geht man auf der Straße, hört man ununterbrochen ein Pfeifen und Zischen, das sind die Granaten, die über einen hinwegfliegen. Dann drückt man sich an die Straßenseite, von der der Beschuss kommt. Die Geschosse zerplatzen bald hier, bald dort. Obwohl wir uns schon an vieles gewöhnt haben, ist es schwer, in solchen Situationen die Ruhe zu bewahren. Nie hätte ich gedacht, dass ich dem Tod gegenüber so gleichgültig sein könnte. Ich liebte, ja, ich vergötterte das Leben, ich freute mich über seine kleinste Offenbarung. Jeder hielt mich für eine Optimistin. Und heute bezweifle ich stark, dass wir am Leben bleiben werden, empfinde aber keine Spur von Verzweiflung, wenn ich daran denke…“ (Auszüge aus dem Buch: „Kain, wo ist dein Bruder? Was der Mensch im Zweiten Weltkrieg erleiden musste – dokumentiert in Tagebüchern und Briefen“)
Auch Henner Brosius teilte seine selbst gefassten Gedanken vor, bevor Doris Bischoff, Mitglied des Gemeindevorstands, zu den Anwesenden spricht. Sie hätte es, wie so viele von uns, nicht für möglich gehalten, dass es in unserer friedlichen Zeit möglich wäre, dass ein Krieg vor unserer Haustür ausbricht. Und doch sei es nun Realität. Trotz der freundschaftlichen Beziehungen die zwischen Ländern – zum Beispiel durch Städtepartnerschaften – aufgebaut worden sind. Von heute auf morgen wurden die Menschen in der Ukraine in den Kriegszustand versetzt, Infrastrukturen zerstört, Frauen und Kinder sowie alte Menschen zur Flucht gezwungen. Doch der Alltag kehre ein, aber es wäre fatal, wenn wir uns alle an diesen Zustand gewöhnen würden. Bischoff appellierte an uns Bürger*innen, dass wir verpflichtet seien zu helfen. Sie sei dankbar, wie viel bisher vor Ort auf die Beine gestellt wurde, aber die Menschen vor Ort in der Ukraine dürften auch weiterhin nicht vergessen werden: „Es ist Tag 408, seit Beginn des Krieges – ich hoffe und wünsche mir, dass Gespräche zwischen den beiden Ländern geführt werden.“ Denn die Angst vor der weiteren Entwicklung sei mehr denn je präsent.
Mit dem Lied „We shall overcome“ wurde die Mahnwache beendet.
Die nächste Mahnwache findet am 05. Mai 2023 um 19 Uhr statt.