Hintergrund
Über „die Mauer“
„Wir dachten ja nicht, dass eine Wiedervereinigung möglich sei. Ich dachte, wenn meine Generation ausstirbt, dann passiert nichts mehr zwischen den Deutschen Ost und West, deshalb habe ich bewusst immer Kontakt gehalten.“ Renate B., geb. 1941
Kaufungerinnen und Kaufunger reisten mit der Schulklasse, der Gewerkschaft, der Kirche, dem Verein nach Berlin oder fuhren mit ihren auswärtigen Gästen an die nahegelegene Werra, um einen Blick „nach Drüben“ zu werfen.
Zahlreiche Familien pflegten Beziehungen zu Menschen jenseits der Grenze, beibehaltene und neu gesuchte, verwandtschaftliche oder kirchliche, auch „Päckchenfreundschaften“.
„Die Verbindung entstand durch einen Luftballon, den ich am Hessentag in Kassel 1964 losschickte“, erinnert sich Inge S., geb. 1951. „Der Opa in Jecha (bei Sondershausen) hat den Ballon mit Karte im Pflaumenbaum gefunden. 1965 hat Marga (geb. 1949) mir das erste Mal geschrieben. Seitdem besteht die Beziehung unserer Familien…“ Über die Mauer hinweg nahmen die beiden jungen Frauen am Leben der (Brief-)Freundin teil: Schule, Beruf, Hochzeit und Geburten. „Vor 1975 kannten wir uns nur von Fotos und vom Schreiben.“
Ihre Mutter Johanna R., geb. 1928, ergänzt: „1975 haben wir sie zum ersten Mal besucht: Inge, mein Mann und ich… Wir sind ja ganz fremde Menschen, da hat Margas Oma angegeben, dass ich eine Nichte von ihr bin. Die alte Dame hat uns im Hof empfangen und alle fröhlich umarmt. Margas Mutter Elli und ich waren gleich wie Geschwister, es hat sich ein richtiges Familienverhältnis ergeben.“