Hintergrund

Not im Ersten Weltkrieg

„Aus unserem Dorf sind 400 Mann in den Krieg gezogen. Darum ist es auf den Straßen still. Man sieht aber auch viele Soldaten auf der Straße. Viele Leute tragen Holzschuhe, weil die Schuhe so teuer sind. Die Waren sind auch teuer geworden. Darum gibt es auch nicht mehr viel Steinöl. Linsen und Erbsen kann man gar nicht mehr bekommen. Ohne Brotkarten bekommen wir kein Brot. Auch im Hause muß man sparsam sein. Dienstag und Freitag dürfen wir kein Fett verbrauchen. Die Leute, die kein elektrisches Licht haben, müssen Talglichter brennen, oder müssen sich früh zu Bett legen.“ Karl H., geb. 1905: „Wie der Krieg bei uns zu spüren ist“, Aufsatzthema der Oberkaufunger Schule, 13.10.1915

„Für die Kinder, deren Väter in das Feld gezogen sind, hat der Vaterländische Frauenverein neben dem Saale der Winterkirche [im Stephanushaus] eine Küche eingerichtet, wo für diese Kinder jeden Mittag gekocht wird. Es sind über 70 Kinder, die da zum Essen kommen. Auch bekommen die bedürftigen Familien von diesem Verein wöchentlich einen Laib Brot. Viele Leute spenden für diese Küche Speck, Gemüse, Kartoffeln und sogar Fleisch… Am Schlusse eines jeden Morgengottesdienstes und am Dienstag und Donnerstagabend in der Betstunde wird eine Kollekte für die Kriegsfamilien erhoben. Es ist schon die große Summe von 500 Mark zusammengebracht… Wir Schüler haben im Laufe des Sommers im Schulgarten allerhand Gemüse gesetzt, das wir jetzt den Armen und der Küche geben wollen.“, Elisabeth B., geb. 1901: „Was man in Oberkaufungen getan hat und was man noch tut, um die durch den Krieg entstandene Not zu lindern“, Aufsatzthema der Oberkaufunger Schule, 19.9.1914
Doch meldet die örtliche Zeitung, Der Beobachter an der Losse, am 6.3.1916: „Wie von zuständiger Seite bekanntgegeben wurde, gehen die Mittel zur täglichen Speisung unserer Kriegskinder zu Ende.“ Und am 3.11.1916 heißt es: „Heute wurden hier Brot-, Fleisch-, Fett- und Zuckerkarten zugleich ausgegeben. Um ein Stückchen Fleisch zu erwischen, war der Andrang ein geradezu fürchterlicher. Stunden über Stunden standen Kartenempfänger Kopf an Kopf. In dem engen Raume des Bürgermeisteramtes staute sich die Menge in beängstigender Weise.“