Hintergrund
„Haftstrafe“
„Als ich vor kurzem den ersten begleiteten Ausgang hatte, war es nach kurzer Zeit so, als wäre ich nie drin gewesen“, erzählt eine Inhaftierte Helmut W. 2010 im Gespräch.
„Vera ist 44, eine resolute, kräftige Frau mit energischer Stimme und eine der ältesten hier. Sie hat ‚Scheiße gebaut‘, wegen Erpressung gab es 30 Monate für die Ersttäterin. Über die Tat will sie nicht reden, nur so viel: der eigentlich Schuldige läuft frei rum.
Vor ihrer Inhaftierung hatte sie nie mit den Leuten zu tun, deren Leben sie jetzt teilt. Sie kommt mit den anderen klar, fühlt sich nicht als Außenseiterin – obwohl sie eigentlich nichts mit Drogenabhängigen zu tun haben will. Und drogenabhängig sind hier fast alle. ‚Mit denen kann ich nichts anfangen. Die leben in ihrer eigenen Welt, spielen doch mit ihrem Leben, sind unbelehrbar. Nein, danke.‘
Die Bediensteten sind ok – allerdings war es schwer für Vera zu akzeptieren, dass man ihr sagt, was sie tun oder lassen soll, dass nicht diskutiert wird. ‚Zuhause bin ich es, die sagt, wo‘s lang geht! Man fühlt sich wie zurückgesetzt ins Kindergartenalter, bekommt kein Messer, keine Schere in die Hand.‘
Sie hat Arbeit, einen Vollzeitjob in der Küche. Sie organisiert, verteilt das Essen, macht anschließend wieder sauber. 160 bis 170 € verdient sie damit im Monat, für 60-70 kann sie im Gefängnis einkaufen. Der Rest wird gespart, für die Zeit danach.
Ist eine Haftstrafe gerecht? Für manche schon, aber was soll es ihr bringen, Resozialisierung? Sie muss nicht resozialisiert werden.
Sie hat keine Angst vor der Entlassung, wird in kein Loch fallen, keine Probleme mit dem Leben draußen haben. Ihr Freund wartet auf sie, ihre sechs Kinder, im Oktober wird ihr 5. Enkel geboren.“